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Start-ups

BYTON - Bytes on Wheels

Byton ist eine von den deutschen Automanagern Carsten Breitfeld und Daniel Kirchert im März 2016 in Hongkong mitgegründete Automobilmarke. Der Name Byton steht dabei frei für "Bytes on Wheels".

Das E-Auto-Start-up hatte ehrgeizige Pläne. Die Fahrzeuge von Byton sollten autonom und rein elektrisch fahren, dank Gesichtserkennung keine Schlüssel mehr benötigen und mit einem über die gesamte Breite des Armaturenbretts reichenden Bildschirm das Benutzererlebnis revolutionieren.

48-Zoll-Bildschirm des Byton M-Byte
Byton M-Byte auf der IAA 2019 in Frankfurt
Byton M-Byte auf der IAA 2019 in Frankfurt

Mit Büros in Santa Clara (Kalifornien) und München sowie einem Werk im chinesischen Nanjing sollte die Marke Byton als globales Produkt positioniert werden, das in den USA entwickelt, in Deutschland konzipiert und in China gebaut wird.

Sein erstes Konzeptfahrzeug präsentierte das E-Auto-Startup im Januar 2018 auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas. Das auf den Namen M-Byte getaufte SUV sollte mit vollem Akku eine Reichweite von mehr als 400 Kilometern schaffen und bereits 2020 in China auf den Markt kommen. Für 2021 war der Verkauf in den USA und Europa zum Preis von 45.000 Dollar bzw. 45.000 Euro geplant.

Neben dem SUV M-Byte waren noch eine Luxus-Limousine und ein Van mit sieben Sitzen in Planung. Eine Studie der Limousine mit dem Namen K-Byte zeigte Byton im Juni 2018 auf der CES in Shanghai.

Futuristischer Innenraum mit riesigem Bildschirm

Der Byton M-Byte sollte das weltweit erste Smartcar werden. Dazu entwickelte Byton als erster Automobilhersteller ein sogenantes Shared Experience Display (SED), das sich im M-Byte nahezu über die gesamte Breite von der linken bis zur rechten A-Säule erstreckt. Die Bedienung des 125 Zentimeter breiten und 25 Zentimeter hohen 48-Zoll-Bildschirms sollte per Sprache, Gestik sowie über ein in das Lenkrad integrierten Touchscreen erfolgen und das Teilen von Inhalten mit anderen Passagieren ermöglichen.

Im Februar 2020 wurde der M-Byte von Byton mit dem iF Design Award ausgezeichnet. Der Jury gefiel, das sowohl Exterieur als auch das Interieur von purem Produktdesign ohne emotionale Überfrachtung geprägt sind.

Für das Design des M-Byte zeichnet sich Benoit Jacob verantwortlich. Der Franzose kam 2004 von Audi zu BMW und wurde 2010 Chefdesigner der Submarke BMW i, wo er das Design des Elektrokleinwagens BMW i3 und des Hybridsportwagens i8 mitgestaltete. 2016 wechselte er zu Byton.

Geplante Modelle

M-Byte 72 kWh

geplanter Preis: ab 45.000 €
Max. Reichweite (WLTP)
440 km
Spitzenleistung
272 PS
Antrieb
Heckantrieb
Höchstgeschwindigkeit
190 km/h
0 - 100 km/h
7,5 Sek.

M-Byte 95 kWh

geplanter Preis: k.A.
Max. Reichweite (WLTP)
550 km
Spitzenleistung
408 PS
Antrieb
Allrad
Höchstgeschwindigkeit
190 km/h
0 - 100 km/h
5,5 Sek.

BYTON plante den M-Byte mit zwei Akkugrößen und zwei Motorisierungen auf den Markt zu bringen. Mit großem 95 kWh Akku und Allradantrieb hätte das 4,88 m lange und 1,67 m hohe Elektro-SUV eine Reichweite von 550 km erzielen sollen. Für das heckangetriebene Modell mit 72 kWh Akku war eine Reichweite von bis zu 430 km prognostiziert. Die Ladeleistung des M-Byte sollte bis zu 150 kW (Gleichstrom DC) betragen. Nach Unternehmensangaben gingen für Bytons erstes E-Auto weltweit 65.000 Reservierungen ein, davon 25.000 in Europa.

Chinesisches Start-up mit deutschen Genen

Byton geht auf das Projekt „Internet Smart Electric Car“ der chinesischen Beteiligungsgesellschaft Harmony Futeng zurück. Harmony Futeng, dessen vollständige Firmenbezeichnung Henan Harmony Futeng Internet & Intelligent Electric Vehicle New Energy LP lautet, wurde im Juni 2015 mit dem Zweck, in innovative Elektroautos zu investieren, von den Unternehmen China Harmony NE (ein Luxusautohändler in China), Hon Hai Precision Industry (ist als Apple-Auftragsfertiger unter dem Namen Foxconn bekannt) und Tencent (Chinas führender Internetdienstanbieter) gegründet.

Ende Januar 2016 gab Harmony Futeng bekannt, die erfahrenen Automanager Carsten Breitfeld und Daniel Kirchert verpflichtet zu haben. Breitfeld arbeitet zuvor 20 Jahre bei BMW und war dort zuletzt Entwicklungsleiter des Plug-in-Hybrid-Sportwagen BMW i8. Kirchert ist ebenfalls ein ehemaliger BMW-Manager, arbeitete aber vor seinem Wechsel drei Jahre lang als Geschäftsführer von Infiniti China. Am 1. März 2016 wurde die Future Mobility Corporation (FMC) mit Carsten Breitfeld als CEO und Daniel Kirchert als COO in Hongkong gegründet. Nach der Vorstellung der Marke Byton im September 2017 wurde FMC in Byton Ltd. umbenannt.

Kurz nach der Gründung von FMC wechselten noch eine Reihe weiterer ehemaliger BMW Führungskräfte zu dem E-Auto-Startup. Die Liste der Manager von Byton könnte fast ebenso von einer BMW Präsentation stammen:

Byton Management

  • Carsten BreitfeldCEO & CTO & Chairman & co-Founder

    Carsten Breitfeld stand mehr als 20 Jahre in den Diensten von BMW und war bei dem Münchner Autobauer unter anderem als Projektleiter für die Entwicklung des BMW i8 verantwortlich, bevor er im März 2016 die Future Mobility Corporation mitgründete. Im April 2019 schied er auf eigenen Wunsch aus dem Unternehmen aus und wechselte zum Elektroauto-Startup Iconiq.

  • Daniel KirchertCEO (2019) & COO & co-Founder

    Daniel Kirchert gilt als einer der erfahrensten Manager für den chinesischen Markt. Kirchert leitete 11 Jahre lang den Verkauf von BMW-Brilliance und konnte in dieser Zeit den Absatz der bayerischen Marke in China um das 8-fache steigern. Nach seiner Zeit bei BMW arbeite er drei Jahre bei Infiniti und baute für Nissans Premium-Marke in China das Vertriebsnetzt auf. 2016 gründete er FMC mit. Nach dem Ausscheiden von Carsten Breitfeld übernahm Daniel Kirchert im April 2019 die Rolle des CEO bei FMC/Byton. Im Juli 2020 kehrte aber auch er Byton vorzeitig den Rücken. Die Position des CEO wurde danach nicht mehr neu besetzt, weswegen die Staatsanwaltschaft München im Januar 2021 unter anderem gegen Daniel Kirchert wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung ermittelt haben soll.

  • Benoit JacobVice President of Design

    Benoit Jacob wechselte 2016 von BMW zu FMC. Der ehemalige Chefdesigner von BMWs Elektromarke i war als Vice President of Design für die Gestaltung von Exterieur und Interieur der Fahrzeuge von Byton verantwortlich.

  • Mark DuchesneVice President of Manufacturing Operations

    Der Produktionsspezialist Mark Duchesne kam im April 2016 von Tesla zu FMC. Seit Juni 2020 arbeitet er bei der Nikola Motor Company.

  • Henrik WendersVice President Marketing

    Henrik Wenders baute von Oktober 2016 bis März 2020 in der Position als Vice President Marketing die Marke Byton auf. Vor seinem Wechsel zu FMC leitete er die Kommunikation, den Vertrieb sowie das Aftersales von BMWs elektrischer Submarke i. Seit dem 1. April 2020 verstärkt Henrik Wenders das Marketingteam von Audi.

  • Dirk AbendrothVice President Autonomous Driving and Powertrain

    Dirk Abendroth war zweieinhalb Jahre bei FMC/Byton für die Bereiche autonomes Fahren und Antriebstechnologie zuständig. Er verließ als erster das Kernteam und wechselte im Oktober 2018 zu Continental Automotive. Vor seinem Byton-Engagement arbeite er bei BMW und entwickelte unter anderem den elektrischen Antriebsstrang von BMWs i-Modellen mit.

  • Andrew BallVice President of Program Management

    seit Juni 2019

Mit der Lizenz zur Serienproduktion

Laut dem Internetportal Crunchbase konnte Byton einschließlich einer Finanzierung der Serie C insgesamt 1,2 Milliarden Dollar von Investoren einsammeln. Größter Geldgebern war Chinas staatlicher Autohersteller First Auto Works (FAW), der sich an den Finanzierungsrunden Serie B und Serie C mit rund 360 Mio. Dollar beteiligte. Darüber hinaus beabsichtigten Byton und FAW in Forschung und Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Service zusammenarbeiten. Auch der größte chinesische Hersteller von Lithium-Ionen-Akkumulatoren CATL (Serie B) sowie das japanische Handelsunternehmen Marubeni (Serie C) zählten u.a. zu den Investoren von Byton.

Damit Byton seinen Hauptsitz und seine Fabrik im chinesischen Nanjing errichtet, erhielt das Start-up außerdem zusätzliche Mittel und Vergünstigungen von der chinesischen Provinz Jiangsu. So musste Byton nur einen kleinen Teil der Baukosten des neuen, 1,2 Millarden Dollar teuren und 800.000 Quadratmeter großen Werks in Nanjing tragen.

Durch die Übernahme des zum chinesischen Staatskonzern FAW gehörenden Tochterunternehmens Tianjin Huali, das früher lizenzierte Minivans von Daihatsu herstellte, konnte sich Byton bereits Ende 2018 eine der begehrten Produktionslizenzen für die Serienfertigung von Elektroautos in China sichern. Gleichwohl wurde das nahezu bis zur Serienreife entwickelte und von Branchenkennern vielfach gelobte E-SUV nie gebaut. Trotz der namenhaften Investoren ging Byton kurz vor dem Start der Serienproduktion das Geld aus.

Bye, bye Byton

Bereits im April 2020 bestätigte Byton, die Hälfte aller US-Mitarbeiter beurlaubt zu haben. Drei Monate später teilte das Unternehmen mit, den Geschäftsbetrieb für sechs Monate einzustellen und eine Restrukturierung durchführen zu wollen. Rund 1500 der mittlerweile 1600 beschäftigten Mitarbeitern wurde gekündigt. Unter anderem hätte ein durch die Coronavirus-Pandemie bedingter Finanzierungsengpass diesen Schritt erforderlich gemacht.

Soweit die offizielle Darstellung. Allerdings gibt es auch das Gerücht, dass der chinesische Staatskonzern FAW bei Byton eingestiegen sei, um die von Byton entwickelte E-Auto-Plattform für seine eigene Luxusautomarke Hongqi zu verwenden. Laut dem Internetportal carnewschina.com hätte FAW auch vorgehabt, den M-Byte mit günstigeren FAW-Technologien auf den Markt zu bringen und in einem Teil des neuen Werks in Nanjing Fahrzeuge von Hongqi zu produzieren. Zu diesem Zweck wurde im September 2020 die Nanjing Shengteng Automobile Technology Co., Ltd. als neue Betreibergesellschaft mit dem ehemaligen Byton-Vizepräsidenten für Forschung und Entwicklung Duan Lianxiang als CEO und einem Grundkapital von rund 220 Millionen Dollar geründet. Dieser Restrukturierungsplan wurde aber offenbar von den anderen Investoren abgeleht.

Auch ein zweiter Rettungsversuch, diesmal von Foxconn, verlief erfolglos. Im Januar 2021 unterzeichneten Byton und Foxconn ein strategisches Rahmenabkommen zur Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes mit dem Ziel, den M-Byte im ersten Quartal 2022 in Serie zu bringen. Foxconn, die über Harmony Futeng zu den ersten Investoren von Bayton gehörten, wollte im Rahmen der Vereinbarung neben Kapital auch Know-how und Fertigungstechnologien zur Verfügung stellen. Das Vorhaben scheiterte jedoch bevor es richtig begonnen hatte, da FAW als Hauptgläubiger in der Zwischenzeit die Kontrolle über das Management übernommen hatte. Foxconn zog daraufhin im Sommer 2022 seine an dem Projekt beteiligten Mitarbeiter zurück und beendete die Kooperation.